Your Loving Nature – Naturkosmetik für die Haarpflege
Marion Garz hat eine Kosmetikmarke, ist Friseurin, Maskenbildnerin, Visagistin, Künstlerin, Fotografin und sicher noch vieles mehr. Sie liebt Locken und die Natur, erklimmt Berge und scheinbar unüberwindbare Hürden in der Kosmetikindustrie. Mit Your Loving Nature gründete sie 2012 ihr eigenes Label für Haarpflege. Ihre Hauptmotive waren die Frustration über die Unzulänglichkeit vorhandener Produkte und dem damit überschwemmten Markt, und die Erkenntnis, wie gute Produkte eigentlich sein sollten: optisch und haptisch das Beste aus dem Haar herausholen, einen natürlichen und authentischen Stil fördern und auf hochwertigen und möglichst natürlichen Inhaltsstoffen – wie puren Pflanzenölen, Pflanzenbuttern, Kräutern, Salzen und Mineralerden – basieren, ohne die Natur zu überfordern. Über ihren Weg dorthin, der natürlich kein einfacher war, die innovativen Produkte von Your Loving Nature und deren Besonderheiten, über Vorurteile gegenüber festen Shampoos, Auszeiten in der Natur und die Erkenntnisse, die man aus ihr mitnehmen kann, sprachen wir mit Marion Garz, der Gründerin von Your Loving Nature.
Nach deiner Friseurlehre bist du ans Theater gegangen, dann an die Kunsthochschule und zurück in einen Salon, internationale Hair & Make up Jobs inklusive, bis du schließlich dein eigenes Label Your Loving Nature gegründet hast. Dein Werdegang klingt interessant. Wie haben sich Ästhetik und Handwerk, Kunst und Natur über die Jahre miteinander verbunden?
Das war ein ganz organischer Prozess. Für mich geht es mit einer Wahrhaftigkeit und einer Ehrlichkeit in der Kunst los. Bei meinen eigenen Kunstprojekten oder Kunstwerken habe ich mich im Vorfeld gefragt: Was ergibt Sinn? An welche Grenze geht man? Und auch: Was kann man alles wegnehmen um Dinge zu verdichten, zu konzentrieren. Es geht immer ums Wegnehmen. Auch in einer Gesellschaft kann man sich fragen, was kann alles weg und worauf kommt es eigentlich an? Vieles Existierende finde ich inzwischen völlig übertrieben und überflüssig und zwar in allen Bereichen. Was braucht man schon? Jeder möchte glücklich sein und in einem liebevollen Verhältnis stecken.
In deinem Salon verwöhnst du die Menschen, bzw. ihre Haare, das Ambiente ist schön, man tut sich was Gutes, gönnt sich ein bisschen „Luxus“ – das gehört doch auch dazu, oder?
Die Behandlung im Salon ist ja nicht nur eine äußerliche Anwendung, sondern auch eine seelische Ansprache: Unser Aussehen, und dazu gehören auch unsere Haare, hat viel mit unserem Befinden zu tun und umgekehrt hat unser Aussehen Einfluss auf unser Befinden. In meinem Beruf bist du mit den Wünschen der Menschen beschäftigt aber auch damit, was ihnen an sich missfällt. Und da stehen Haare symbolisch oft für Eigenschaften – man ist also oft auch therapeutisch unterwegs, hat es mit Selbstwertgefühlen und Erwartungen zu tun, bei weiblichen Kundinnen auch oft mit dem Frauenbild allgemein und Emanzipation.
Die Frage ist also auch, woher kommt das Bild, das man darstellen möchte? Sind das eigene Erwartungen an sich selbst oder vielleicht fremde? Und kann man das überhaupt trennen und zuordnen?
Genau. Und dann ist man ganz schnell bei der Natur. Wo komme ich her, wo gehe ich hin, was ist mein Kern.
Dabei warst du als Maskenbildnerin und bist als Friseurin doch auch immer mit der Verwandlung und den Eitelkeiten von Menschen konfrontiert.
Make Up ist für viele Menschen auch im Alltag ein wichtiges Werkzeug. Manche haben diesen Tick mit dem roten Lippenstift, die können nicht ohne. Es ist ein Schutz, so wie auch Kleidung. Wenn ich in Jogginghose statt Jeans rausgehe, bin ich ein bisschen verletzlicher. Das ist psychologisch interessant. Jeder baut sein individuelles Schutzschild auf. Da spielen eigene und gesellschaftliche Erwartungen eine Rolle.
Steht das für dich im Kontrast zur Natur?
Wenn Menschen nicht mehr ungeschminkt vor die Tür gehen, dann kann man das schon hinterfragen. Alles andere ist wahrscheinlich inzwischen Normalität.
Wie ist deine individuelle Verbindung zur Natur „gewachsen“? Wenn man sich bei dir hier umschaut, zeugt vieles vom intensiven Blick ins Brennglas. Hier eine präparierte Biene, dort ein vergrößerter Insektenflügel…
Wir waren früher zwar keine Natur-Freaks aber meine Eltern hatten einen großen Garten und ich hatte lange hier in der Nähe von Berlin einen Schrebergarten. Selbst zu sehen, wie der Mensch direkt auf die Natur einwirkt, war augenöffnend. Das war bevor der Klimawandel so präsent in den Medien war. Die Glyphosat-Diskussion (das weltweit meistverkaufte Unkrautvernichtungsmittel, ein sogenanntes Totalherbizid, das jede Pflanze tötet) war im Gange, das betraf zunächst die Landwirtschaft. Dann folgte eine Nahrungsmittel- und schließlich Ernährungsdebatte, Trends wie Achtsamkeit und Yoga kamen auf.
Was hat das mit dir persönlich gemacht?
In meinem Garten hat das einen viel reelleren Bezug gekriegt, als in der Stadt. Ich hatte mich ein wenig dorthin zurückgezogen und mich automatisch mehr auf die Natur konzentriert, auch mit meiner Fotografie, die immer botanischer wurde. Das menschliche Wirken auf die Natur wird einem plötzlich bewusst: Einerseits arbeitest du für die Natur, die ja wachsen soll, und andererseits dagegen, wenn die Schnecken dir die kleinen Keime wegfressen. So wirst du schnell ein Teil des Ganzen und musst Partei ergreifen. Man kann nicht einfach Samen säen und dann hoffen, dass die Saat von alleine gelingt. Man muss sie schützen und gießen.
Muss man nicht auch wieder dahin, dass man die Natur nicht nur als Ressource begreift und nutzt, sondern dass man wieder anerkennt, selbst ein Teil der Natur zu sein?
Total. Wir glauben immer, wir müssten auf die Natur achten. Oder aber wir beuten sie schamlos aus. Stattdessen sollten wir in ein gutes, realistisches Kooperationsverhältnis mit ihr kommen, ein Geben und Nehmen anstreben.
Das Gute ist ja, die Natur braucht uns nicht und wird uns vermutlich überdauern. Bevor wir die Natur zerstört haben, sind unsere Lebensbedingungen längst erschöpft. Platt gesprochen: Wir essen alle essbaren Tiere auf und vergiften all unsere Nutzpflanzen und es werden immer noch viele Arten überleben, die uns aber nichts nützen – und das war’s dann für uns. Das ist doch beruhigend, in diesem Zusammenhang, oder?
Schon. Die eigene Auswirkung auf die Biodiversität ist aber nicht zu leugnen und man kann sie bereits im Kleinen feststellen. Bis ich mal verstanden habe, warum immer nur ich im Garten herum buddel und alle anderen im Liegestuhl sitzen – die haben einfach diese Pflanzenvernichter gespritzt und fertig. Und dann ist man plötzlich mitten im Thema, beschäftigt sich mit Fruchtfolge, Planwirtschaft und Permakultur. Aber man bemerkt an solchen Orten auch ganz andere, banale Dinge, wieviel Müll man zum Beispiel ständig produziert, weil man dort nur ganz eingeschränkt den Müll entsorgen kann. Parallel haben mich in meinem Salon, in den ich drei mal die Woche zum Arbeiten in die Stadt gefahren bin, zunehmend diese ganzen Shampooflaschen und Kanister gestört. Plötzlich registriert man an allen Stellen, was alles aus dem Gleichgewicht geraten ist: Die ganzen Joghurtbecher im Supermarkt, die Müllberge im Urlaub, der unnötige Wasser- und Stromverbrauch.
Das scheint nicht allen aufzufallen. Ich habe eher das Gefühl, viele führen ein Doppelleben: Im Wochenendhaus auf dem Land wird mit Hingabe gepflanzt und kompostiert, um mit wahnsinnig verbrauchsintensiven Autos Sonntagabend wieder in die Stadt zu fahren.
Es wird allgemein viel geheuchelt, von Lobbyisten bis zu privaten Endverbrauchern macht man sich mit green washing gerne was vor. Man kauft ja gerne neue Sachen und freut sich dann, wenn da „nachhaltig“ draufsteht und rühmt sich vielleicht sogar damit. Dabei wäre Verzicht hier und da ratsamer. Und Sanktionen und Verbote von Regierungsebene. Die Verantwortung für einen geringeren oder nachhaltigeren Verbrauch darf nicht alleine auf dem Einzelnen lasten, das funktioniert nicht. Es wird ja von allem bereits zu viel produziert.
Verpackungen und Müll waren also dein Anstoß für ein Umdenken und eine Veränderung. Oder warst auch mit den Produkten in deinem Salon unzufrieden?
Beides. Es kamen damals die ersten Supermärkte mit unverpackten Lebensmitteln auf und ich habe überlegt, wie ich sowas in meinen Kosmos übertragen kann. Außerdem habe ich in meinem Garten eine Außendusche und konnte buchstäblich zusehen, wie mein Shampoo im Boden versickert und was das mit dem Rasen macht. Spätestens da fragt man sich, was alles in diesen Produkten steckt. Von Konservierungsmitteln, Alkoholen, Duftstoffen bis zu toxischen Filtern und Erdölderivaten.
Die Zeit in deinem Garten hat dich also dazu gebracht, die Produkte in deinem Salon sowohl äußerlich als auch inhaltlich zu hinterfragen.
Ich wollte mich ohnehin beruflich verändern, meine Arbeit ökologischer gestalten. Das Geschäftsverhältnis mit meiner damaligen Geschäftspartnerin löste sich auf und die ersten festen Shampoos kamen auf den Markt oder waren immerhin bereits ein Thema in der Branche. Ich wusste zunächst gar nicht, wo ich da anfangen konnte, denn ich war noch nie ein Seifen-Fan.
Apropos: Was ist denn genau der Unterschied zwischen Seife und festem Shampoo? Denn dieses typische Seifen-Gefühl, quietsch-sauber und staubtrocken, will ja keiner auf dem Kopf
Seife sind mit Natronlauge verseifte Pflanzenöle. Sie haben meist einen hautunfreundlichen ph-Wert und hinterlassen genau dieses Gefühl auf der Haut oder auch Kopfhaut, das du beschreibst. Ich hab zunächst einen Seifen-Workshop gemacht und alle Bio-Shampoos, die es auf dem Markt gab ausprobiert, darunter auch die ersten festen Shampoos. Zufrieden war ich aber mit keinem. Bio-Kosmetika sind auch nicht automatisch gute Produkte. Ein Bio-Siegel besagt ja nur, was ein Produkt im Zweifelsfall alles nicht beinhaltet, zum Beispiel Erdölderivate wie Silikone, synthetische Konservierungsmittel, Parabene und Co. Die Erdölgewinnung ist bereits eine starke Belastung für die Umwelt. Anschließend wird der Rohstoff chemisch so behandelt, dass er noch größeren Schaden anrichtet, weil er biologisch nicht mehr abbaubar ist. Tenside sind die waschaktiven Substanzen, die unter anderem für Shampoo notwendig sind. Sie sind in konventionellen Produkten auf der Basis von Erdöl produziert. Für Naturkosmetik werden Tenside auf natürlicher Basis eingesetzt – wovon es auch wieder viele verschiedene gibt. Das macht einen der großen Unterschiede zwischen Naturkosmetik und konventionellen Kosmetikas aus. Je nach Haarstruktur und Kopfhaut muss mann entscheiden wie mild oder stark so ein Tensid wirken soll, d.h. wie stark es entfetten bzw. reinigen soll. Letztendlich habe ich dann mit unterschiedlichen Manufakturen zusammen verschiedene Produkte entwickelt, getestet und verfeinert.
Wie kommt man an solche Manufakturen?
Auf Messen fahren und erkundigen. Da gibt es große und kleine. Man muss schauen, wer zu einem passt, dem eigenen Idealismus entspricht und wie und woher die ihre Rohstoffe beziehen. Ich hatte keine Investoren, bin keine große Marke und wollte meine Produkte auch nie groß anlegen. Ich wollte einfach nur mit anderen Produkten arbeiten und bin einfach drauflos gegangen. Die Manufakturen wiederum müssen auch dazu bereit sein, etwas mit dir zu entwickeln, was dann exklusiv dein Produkt ist. Dann geht es eine Weile hin und her, bis das Produkt die gewünschten Eigenschaften hat und die Haare sich so anfühlen und aussehen, wie man sich das wünscht.
Was ist der Unterschied zwischen deiner Herangehensweise und denen der Drogerie-Discounter?
Die fangen an ganz anderer Stelle an. Zu Beginn steht der Preis. Und die Haltbarkeit (die Produkte müssen sehr lagerungsfähig sein). Discounter haben eine bestimmte Zielgruppe, sie wissen, was die für ein Shampoo ausgibt und was sie erwartet und arbeiten so herum. Ich habe es genau andersherum gemacht, das ist vermutlich auch das außergewöhnliche an meinen Produkten. Es war mir zunächst völlig egal, was die Rohstoffe kosten, ich wollte einfach das bestmögliche Produkt haben. Und dann wollte ich mal schauen, wo ich preislich lande und ob man das verkaufen kann. Das funktioniert natürlich nur, weil wenige, gezielte, direkte Wiederverkäufer involviert sind und ich meine Produkte hauptsächlich direkt an den kunden weitergebe. Sobald man die Produktion größer anlegt, wird es unermesslich teurer und man muss eventuell Abstriche in der Herstellung und Qualität machen. Ich müsste aus meinen kleinen Manufakturen raus und in Fabriken gehen, die sich gar nicht auf meine Bedingungen einlassen können. Die müssen alleine aus hygienischen Gründen viel mehr konservieren.
Der Verbrauch ist natürlich individuell aber mit deinen Shampoos kommt man generell sehr lange aus, Monate lang – halten sie sich auch so lange?
Das ist von Produkt zu Produkt unterschiedlich. Die festen Shampoos halten sehr lange, in den Cream Bars sind Butter und Pflanzenfette, die müssen teilweise gekühlt werden und halten nicht ewig. Die Produkte dürfen auch nicht im Wasser liegen. Ich erkläre also auch immer noch etwas zur Handhabung und Besonderheit. Das könnte eine Drogeriekette gar nicht leisten. Meine Produkte sind in der aktuellen Form also nicht unbedingt für den großen Handel geeignet.
Man muss sich also ein bisschen intensiver mit den Produkten auseinandersetzen und etwas mehr bezahlen – wobei ich da gar nicht sicher bin, dazu müsste man vergleichen, wie lange man mit deinem und einem herkömmlichen Shampoo auskommt – und man sollte nicht horten, sondern sich nur seinem aktuellen Bedarf entsprechend eindecken. Das kann man doch in Kauf nehmen?
Für seinen Körper und seine Haut finde ich den Kompromiss angemessen. Ich muss ein paar Dinge beachten, kann im Gegenzug aber auf schädliche Inhalte wie Konservierungsstoffe, Alkohole und Co. verzichten und habe stattdessen eine ausgesuchte Palette an natürlichen, hochwertigen und wirksamen Inhaltsstoffen. Auch die guten Inhaltsstoffe in den Massenmarkt-Produkten, pflanzliche Öle um Beispiel, werden durch die Raffinerien desodoriert und minderwertig gemacht, das wissen nur nicht viele.
Wie man deine Produkte angemessen lagert, zeigst du hier ganz anschaulich, es gibt zum Beispiel Döschen und wunderschöne Keramikteller von Tanja Neubert. Aber wie benutzt man deine Produkte richtig? Ich habe bereits andere feste Shampoos ausprobiert und hatte Schwierigkeiten, genügend Produkt auf die Hand zu bekommen, um es anschließend in meine Haare zu bringen – und war eher unzufrieden mit der Handhabung.
Das machen viele falsch. Es geht ganz einfach, wenn Du den Shampoo Bar über die nassen haare reibst.
Ach so! Es wäre ja schön, wenn sich mehr Leute auf etwas Neues einlassen würden, um ein bisschen ökologischer zu leben und von der herkömmlichen Shampooflasche „runter zu kommen“.
Das stimmt! Aber ich möchte nicht als Öko-Pionier gesehen werden – unter den Friseuren vielleicht, aber es ging mir primär darum, eine Lösung für Problem-Haar zu finden, mit dem ich hier im Salon täglich konfrontiert bin: trockenes Haar wieder aufzubauen, geschädigte oder graue Haare zu pflegen.
Funktionieren deine Produkte für alle Haartypen, auch gefärbtes Haar?
Ja, sie funktionieren für alle Haare. Aus ökologischer Sicht ist Haarfarbe natürlich schlecht, da die chemischen Stoffe im Grundwasser landen. Wie bei allem kommt es auf das Maß an, wie oft man sich die Haare färbt, zwei mal im Jahr oder alle vier Wochen.
Irgendwann halten die Haare das ja auch nicht mehr aus, oder? Ich habe den Eindruck, in der Jugend stecken sie einiges weg und plötzlich klappt das nicht mehr. So wie Figur und Gesundheit senden auch Haare mit ihrem schlappen oder schlechten Aussehen irgendwann ein deutliches Warnsignal.
So ist es. Wenn man jung ist, schaden einem die günstigen Shampoos auch nicht, der Umwelt natürlich schon. Dann gibt es eine breite Palette von mittelpreisigen Produkten, bei denen sich die Haare auch wirklich gut anfühlen, dank der Silikone und allem, was da sonst noch an Weichmachern drin ist. Auch mir war früher nicht klar, dass diese Silikone eigentlich flüssiges Plastik sind. Und dass ein weiches Gefühl nichts mit gesundem Haar zu tun hat.
Ist es mit diesen Shampoos nicht auch so, dass sie ein bisschen abhängig machen? Es kommt mir so vor, als müsste ich mir damit ständig die Haare waschen…
Es gibt unterschiedliche starke Silikone. Viele lagern sich Wäsche um Wäsche am Haar und auch an der Kopfhaut an, überlagern sich – man spricht da vom Build up Effekt. Irgendwann wird das zu viel und das Haar wird schlapp und hängt nur noch kraftlos herunter. Die Talgproduktion kann aus dem Lot geraten und die Kopfhaut scheint schneller nachzufetten. Es kann aber auch sein, dass ein zu starkes Tensid die Kopfhaut zu erhöhter Talgproduktion anregt und das Haar deshalb schneller fettig aussieht.
Aber das kann ja nicht das sein, was alle wollen und ewig mitmachen?
Ehrlich gesagt wundert es mich auch, dass nicht mehr Friseure auf der Suche nach alternativen Produkten sind. Aber diese Suche macht eben auch viel Arbeit. Nicht nur die Produktentwicklung, sondern auch die ganz andere Art und Weise des Kundenkontakts. Ich bekomme jeden Tag Emails mit Fragen, wie man dieses oder jenes Haar wieder in den Griff bekommt. Daran sieht man aber auch, dass die Verbraucher durchaus Bedarf an guten Produkten haben. Wann ein Produkt gut ist, entscheidet natürlich jeder für sich. Man kann dazu verschiedene Kriterien anwenden: Wie und wo etwas produziert wird, was drin ist und vor allem: wie sich das Haar anfühlt und verhält.
Was hilft denn bei Problemhaaren und wie soll sich gutes Haar anfühlen?
Erst muss man das Haar analysieren, die Haarstärke bestimmen und gucken, ob es insgesamt oder nur den Haarspitzen trocken ist. Davon hängt dann ab, ob dem Haar Feuchtigkeit, Fette oder Öle fehlen – oder alles drei. Silikone und andere Weichmacher auf der Basis von Erdöl lassen wie gesagt das Haar erstmal sich gut anfühlen, versiegeln es aber auch so dicht, dass es darunter quasi verdurstet. Feuchtigkeit und andere Nährstoffe haben keine Chance mehr ins Haarinnere einzudringen. Also erst mal über einige Wäschen hinweg abtragen was sich da so angelagert hat und das Haar dann mit Feuchtigkeit, Fetten und Ölen wieder regenerieren. Und hier brauchen die einzelnen Haartypen verschiedene Zusammensetzungen.
Muss ich bei der Abschiednahme von meinem Massenmarkt-Shampoo also zunächst durch ein Tal der Tränen, bis meine Haare wieder aufgebaut sind?
Das kann unterschiedlich sein. In den meisten Fällen geht es aber recht schnell, dass man eine Veränderung des Haares spürt.
Es gibt inzwischen ja auch Menschen, die sich ihre Haare gar nicht mehr waschen, hast du von der „No Poo Bewegung“ gehört und was hälst du davon? Brauchen wir also überhaupt Shampoo?
Ich halte das in den meisten Fällen für unrealistisch. Das können Teenager oder Menschen mit natürlichen und völlig unproblematischen Haaren machen. Und auch da finde ich es nicht besonders hygienisch, es landet ja unweigerlich Staub und Schmutz im Haar. Die meisten Haare haben außerdem Bedürfnisse, sie sind trocken, fettig, geschädigt, fein oder kräftig und kraus und brauchen unterschiedliche Pflege. Feine Haare brauchen meist nur Feuchtigkeit, kräftiges und krauses braucht Öle und Feuchtigkeit. Es gibt im Prinzip trockenes und nicht trockenes, feines und kräftiges Haar. Kleinteiligere Einteilungen sind auch ein Marketinginstrument um den Menschen besonders viele verschiedene Produkte zu verkaufen.
Welche Haarpflegeprodukte braucht man denn?
Von der Marke, mit der wir damals in unserem Salon gearbeitet haben, gab es einen Telefonbuch-dicken Katalog mit Produkten. Und ich hab immer schon gedacht, das kann doch gar nicht sein, dass man das alles brauchen und benutzen soll. Das verhält sich ja mit Kosmetik allgemein so. Als Maskenbildnerin und Visagistin habe ich die gleichen Erfahrungen gemacht. Dabei geht es ja nur darum, das Gesicht ein bisschen zu veredeln, ihm mehr Kontur zu geben.
Wieviele Produkte bietest du an?
Im Prinzip sind es zwei verschiedene Shampoos: das eine entfettet stärker, das andere reinigt milde. Bei den sensitiven gibt es drei verschiedene, die sich nur im Duft unterscheiden. Die zwei „intense“ Shampoos unterscheiden sich dagegen im Effekt, eines gibt mehr Volumen, eines mehr Geschmeidigkeit. Es sind zwei Produkt-Familien, einmal mit einer stärkeren Tensidmischung für fettigere Haare und einmal mit einer milderen Tensidmischung für trockene Haare oder Leute, die ihre Haare gerne jeden Tag waschen. Das milde Shampoo kann man auch für den Körper nehmen oder zum Rasieren. Neben den Shampoobars gibt es auch einen Conditioner Bar, Haarpflege- und Stylingprodukte in Glasflaschen. Es gibt auch Bars für die Gesichts- und Körperpflege und ganz aktuell sogar ein Antiageing-Produkt.
Die Bars sehen auch schön aus, in einer Farbigkeit von Wollweiß über Honiggelb, Salbeigrün und Granit und mit unterschiedlicher Körnung.
Das machen alleine die Inhaltsstoffe, wie Mangobutter oder Blaualge.
Bist du zufrieden mit deiner Produktpalette oder fehlt dir noch etwas? Was kommt bei Your Loving Nature als nächstes?
Eigentlich ist die Sache jetzt rund, die Produktpalette fertig und ich bin sehr zufrieden damit. Da ich mich im Moment alleine um alles kümmere und keine Werbung schalte, wächst mein Business ganz organisch, nur durch Empfehlungen und ein bisschen Presse von interessierten Redakteuren und Plattformen, und ich komme noch gut hinterher. Einzig ein richtiges Salon-Konzept reizt mich noch, also ein „Wash and Go“-Konzept, um die Produkte und ihre Anwendung zu demonstrieren. Ich möchte meinen KundInnen auf eine ganz ehrliche Weise zeigen, dass meine Produkte toll sind – ganz einfach. Das ist doch viel überzeugender als jede Werbung!
Vielen Dank liebe Marion, für dieses sehr interessante und nette Interview.
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